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Eine weitere Alternative zu Facebook: Openbook!

30. Oktober 2018

Eine weitere Alternative zu Facebook: Openbook!


Wir führten ein Interview mit Openbook, einem sozialen Netzwerk, das damit wirbt, benutzerfreundlicher und transparenter zu sein als dessen größter Konkurrent: Facebook. Wir haben ein paar Fragen an das junge Team gerichtet, um zu erfahren, wie genau sie ihre Ideen umsetzen wollen.


Von Christopher Böhm, acTVism Munich


Christopher Böhm: Wie ist Openbook entstanden? Können Sie unseren Lesern etwas über die Idee erzählen, die dahinter steckt, und was zu dem Team geführt hat, das alles möglich machen wird?

Shantanu Tarey (Openbook): Joel Hernandez, der Gründer von Openbook, hatte vor 2 Jahren zum ersten mal die Idee für ein soziales Netzwerk, das open-source ist. Er hatte damals ein paar Freunden davon erzählt und kam zu der Überzeugung, dass es nicht funktionieren würde, weil das Thema Privatsphäre den meisten Leuten damals nicht wichtig genug war. Doch die Datenskandale von Cambridge Analytica im Jahr 2017 und die wachsenden Bedenken um die Privatsphäre von Nutzern waren die Auslöser für seine Entscheidung, das Projekt anzugehen. Er wollte ein soziales Netzwerk aufbauen, dessen Ertragsmodell nicht auf Werbung und so genanntem “Engagement Marketing” basierte, sondern auf ehrlichen und ethischen Werten. Der Großteil des aktuellen Openbook-Teams, der entschied, sich dieser Mission anzuschließen, hat einen Hintergrund im Bereich der Informationssicherheit und teilt dieselben Werte. Wir haben das Glück, dass unser Team aus einer Mischung von ethischen Hackern, Designern, Softwareentwicklern und Experten für Informationssicherheit besteht und zusätzlich unterstützt wird von Kryptographie-Pionier und Schöpfer von PGP, Phil Zimmerman.

CB: Openbook hat derzeit eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter. Es ist nun die zweite Kampagne. Können Sie erklären, warum die erste gescheitert ist und was Sie ermutigt hat, es ein zweites Mal zu versuchen? Was hat sich geändert?

ST: Unsere erste Kickstarter-Kampagne war definitiv eine Lernerfahrung. Wir haben festgestellt, dass wir einige Fehler gemacht haben, wie z.B. mit den relativ hohen Versandkosten auch innerhalb Europas, die viele potentielle Geldgeber abgeschreckt haben. Wir bekamen auch das Feedback, dass unser Geschäftsmodell nicht klar genug sei. (Das haben wir später in unserem Blog angesprochen – https://medium.com/openbook-org/so-how-will-openbook-make-money-daf99589643d). Als uns klar wurde, dass die erste Kampagne nicht gelingen würde, suchten wir nach alternativen Fördergeldern usw., um weiterzumachen. Der Grund, warum wir uns für einen zweiten Kickstarter entschieden, waren die vielen Nachrichten unserer Unterstützer, die sich bei der ersten Kampagne für uns eingesetzt hatten. Dazu gehörten Freiwillige, die geholfen haben, unsere Webseite in mehrere Sprachen zu übersetzen, viele, die ihr Engagement in den letzten Tagen noch verstärkt haben, um die erste Kampagne zum Erfolg zu führen, und viele andere, die uns darin unterstützt haben, Leute zu erreichen und uns anzufeuern. Also versuchten wir es aufs Neue, entwickelten unser „Minimal Viable Product“ zu einer etwas schlankeren Version und senkten unser Finanzierungsziel bei der zweiten Kampagne, um unseren Unterstützern eine Chance zu geben, an der Gestaltung von Openbook mitzuwirken. Natürlich gab es dieses Mal auch viel günstigere Versandkosten in Europa.

CB: Es gibt heutzutage eine ganze Reihe von Projekten, die versuchen, als Alternative zu Facebook aufzutreten. Es gibt Diaspora, Mastadon, Human Connection oder Vero, um einige zu nennen, drei davon sind open-source. Wie intensiv haben Sie sich mit der Konkurrenz auseinandergesetzt und was ist Ihrer Meinung nach einzigartig an dem sozialen Netzwerk, das Sie aufbauen wollen? Warum glauben Sie, dass es Nachfrage nach einem weiteren sozialen Netzwerk geben wird?

ST: Ja, wir haben eine ziemlich gute Vorstellung von der bestehenden Konkurrenz. Obwohl wir denken, dass sie alle gute Absichten haben, gibt es wichtige Unterscheidungsmerkmale, die für Openbook sprechen und uns einzigartig machen.

  • Wir sind offiziell gewinnorientiert, im Gegensatz zu den ersten drei. Wir mögen gemeinnützige Organisationen, aber wenn es um Social Networking geht, haben wir feststellen müssen, dass diese Organisationen immer damit zu kämpfen haben, über einen bestimmten Punkt hinaus zu wachsen. Wir glauben, um exponentiell zu wachsen, müssen wir irgendwann in der Lage sein, große Mengen an Geld aufzubringen, um es mit den Tech-Giganten aufnehmen zu können. Natürlich werden wir dafür sorgen, dass diejenigen, die in unser Unternehmen investieren, die gleichen Werte bezüglich Privatsphäre und Sicherheit, Freiheit, Offenheit und humanitärer Natur teilen.
  • Unsere ersten Versionen sind zentralisiert. Das ist eine strategische Entscheidung. Während wir nichts gegen die Dezentralisierung haben und uns sogar über Projekte wie Solid MIT (von Tim Berners Lee, https://solid.mit.edu/) schlau machen, ist es in der Anfangsphase einfacher, zentralisiert zu sein, um sich auf die Innovation der Produkteigenschaften und die gesamte Nutzererfahrung zu konzentrieren. Es ist wichtig, da dies entscheidet, ob Netzwerkeffekte entstehen, die notwendig sind, wenn wir es mit bestehenden sozialen Netzwerken aufnehmen wollen.
  • Wir wollen es so einfach wie möglich gestalten, von anderen sozialen Netzwerken zu wechseln, indem Ihre Daten übertragen werden können. Möglich wird dies durch die DSGVO, nach der Unternehmen ihren Nutzern die Möglichkeit gewähren müssen, alle Daten herunterzuladen, die das Unternehmen über sie hat.
  • Schlussendlich, da wir open-source sind, können die Leute überprüfen, ob wir tun, was wir sagen. Im Unterschied zu Vero.

Was die Nachfrage angeht, so gibt es viele Leute, die die sozialen Netzwerke verlassen, weil sie die Nase voll haben von Datenschutzregelungen, durch Interaktion getriebene Algorithmen aktueller Netzwerke, da es sehr wenige oder keine Alternativen gibt, die genauso einfach und angenehm zu bedienen sind. Wenn es uns gelingt, die Netzwerkeffekte der aktuellen sozialen Netzwerke durch bessere soziale Erfahrungen zu kompensieren, basierend auf dem Konzept der Privatsphäre, denke ich, dass wir definitiv Platz auf dem Markt finden.

CB: Wie sieht das Geschäftsmodell von Openbook aus und warum haben Sie es gewählt? Warum glauben Sie, dass es erfolgreich sein wird?

ST: Unser Geschäftsmodell basiert auf einer digitalen Währung namens Tip. Es wird auf der Plattform zur Unterstützung von Content-Erstellern, zum Abonnieren von Personen und Beiträgen, zum Kauf und Verkauf von Waren zwischen Nutzern und vielem mehr genutzt. Wir werden Gewinn machen, indem wir bei jeder Transaktion einen Prozentsatz berechnen. Wir glauben, dass E-Commerce, Nachrichtenkonsum, Unterhaltung und soziale Netzwerke zunehmend auf einer einzigen Plattform durchgeführt werden. Dies zeigt sich auch daran, wie sich soziale Plattformen in den letzten Jahren entwickelt haben. Es ermöglicht uns, dass die Transaktionen für unsere Nutzer auf sichere und private Weise durchgeführt werden können, neben einer angenehmen Benutzerführung. Es bedeutet auch, dass wir uns nicht auf Benutzerdaten verlassen, um profitabel zu sein. Generell gehen wir auch davon aus, dass die Nachfrage nach Privatsphäre im nächsten Jahrzehnt weiter steigen wird. Tech-Giganten, die auf Content-Ersteller und Werbeeinnahmen (z.B. YouTube) angewiesen sind, haben dies bereits erkannt und drängen auf ähnliche Ertragsmodelle.



CB: Wie wird Openbook die Privatsphäre seiner Nutzer schützen? Müssen Nutzer Ihnen da vertrauen oder können sie sicherstellen, dass Sie halten, was Sie versprechen?

ST: Openbook verlässt sich bei seinen Einnahmen nicht auf Benutzerdaten, so dass wir kein Interesse daran haben, unnötige Daten über unsere Nutzer zu sammeln. Um die Privatsphäre unserer Nutzer zu schützen, werden alle optionalen Datenfreigaben mit kompatiblen Apps von Drittanbietern standardmäßig deaktiviert, und es liegt an Ihnen, ob sie mehr Informationen weitergeben wollen. Wir werden auch einen sehr strengen Bewertungsprozess für Drittanwendungen haben, um zu prüfen, wie die Daten der Nutzer (die sie entscheiden zu teilen) von den Apps verwendet werden.

Wir werden keine Benutzeraktivität verfolgen oder Algorithmen verwenden, um Inhalte basierend auf dem Benutzerverlauf zu erstellen. Da unser Code open-source sein wird, müssen die Leute uns nicht beim Wort nehmen, sie können sich unseren Code selbst ansehen und überprüfen, ob wir tun, was wir sagen. Die meisten von uns haben einen Hintergrund im Bereich der Informationssicherheit, so dass wir darauf vertrauen können, dass unser Team dies sicher implementiert und dabei sicherstellt, dass die Privatsphäre nicht beeinträchtigt wird.

CB: Wird Openbook irgendwelche Algorithmen verwenden, um seinen Benutzern bestimmte Inhalte anzuzeigen? Wenn ja, gibt es die Möglichkeit, die Funktion zuverlässig auszuschalten?

ST: Nein, Openbook wird keine Algorithmen verwenden, um Inhalte für Benutzer zu erstellen, die beispielsweise auf ihrem Aktivitätsverlauf basieren. Wir werden es den Nutzern ermöglichen, selbst zu entscheiden, ob sie bestimmten Freunden, Content-Erstellern, Unternehmen usw. folgen und Beiträge aus diesen Quellen sehen wollen.

CB: Wird Openbook Private Messaging unterstützen und wird es mit einer Verschlüsselung ausgestattet sein?

ST: Ja und ja. Allerdings wird unsere erste funktionsfähige Produktversion vielleicht noch keine Verschlüsselung vorweisen, falls uns die Zeit fehlt. Aber die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist definitiv auf unserer Roadmap.

CB: Es gibt Messenger-Lösungen wie XMPP oder Matrix, die nach Interoperabilität streben, was bedeutet, dass jeder diese Software benutzen und seine eigene Messenger-App darauf aufsetzen kann. Die Idee ist, dass Benutzer dann über verschiedene Messenger-Anwendungen kommunizieren können, weil sie das gleiche zugrunde liegende Protokoll verwenden. Haben Sie diese Strategie im Kontext eines sozialen Netzwerks betrachtet und was war das Ergebnis?

ST: Wir haben uns diesbezüglich noch nicht festgelegt, da es sich um ein Detail auf Implementierungsebene handelt. In dieser Phase können wir sagen, dass wir verschiedene Protokolle untersuchen werden, einschließlich diesem, und prüfen werden, ob sie unserem Standard bezüglich Sicherheit und Erfahrung entspricht, den wir unseren Benutzern bieten wollen.

CB: Andere soziale Netzwerke wie Diaspora verfolgen die Strategie der “Dezentralisierung”. Das bedeutet, dass jeder einen Server hosten und seine privaten Daten nur auf dem Server speichern kann, den er betreibt. Wird Openbook die Dezentralisierung unterstützen? Bitte erklären Sie Ihre Entscheidung.

ST: Um sich auf Benutzererfahrung und Produktinnovation zu konzentrieren, werden erste Versionen von Openbook zentralisiert sein. Wir werden uns in späteren Phasen intensiv mit der Dezentralisierung beschäftigen und verfolgen auch Projekte wie Solid MIT (das von Tim Berners Lee, https://solid.mit.edu/), die darauf abzielen, Anwendungen von den zugrunde liegenden Nutzerdaten zu entkoppeln. Dadurch wird ein Lock-in-Effekt verhindert und den Nutzern die Kontrolle über ihre Daten gegeben.

CB: Vielen Dank für das Interview.


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ÜBER OPENBOOK

Wir wollen Technologien entwickeln, die den Menschen dienen, und nicht umgekehrt.

Wir tun dies, indem wir unsere Produkte und Dienstleistungen mit den besten Eigenschaften der Menschheit wie Freundlichkeit, Mitgefühl, Toleranz, Nächstenliebe, Empathie und Zusammenarbeit in ihrem Kern gestalten.

Openbook ist unsere erste Kreation. Ein soziales Netzwerk, das ehrlich ist, die Privatsphäre seiner Nutzer respektiert und schützt, Menschen zusammenbringt, Spaß macht und gut für unseren Planeten und seine Bewohner ist.

Das Projekt wurde im September 2018 durch eine Kickstarter-Kampagne erfolgreich finanziert. Wir werden Openbook im März 2019 auf den Markt bringen.


ÜBER CHRISTOPHER BÖHM

Christopher Böhm hat Physik an der Universität Freiburg studiert und sich in Teilchenphysik spezialisiert. Er interessiert sich außerdem speziell für Kryptographie und Datenschutz, ist aber auch an so ziemlich allem interessiert, was mit Einsen und Nullen zu tun hat.

Während der Bundestagswahl 2017 ergriff ihn das Verlangen etwas in der Welt zum Besseren zu verändern, was ihn zu acTVism Munich gebracht hat.



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